Über den Künstler und das Projekt mein Heim
Ich bin ein norwegischer bildender Künstler, der hauptsächlich mit Fotografie, Video und Installationen arbeitet. Meine künstlerische Arbeit dreht sich sowohl um die Erkundung von der Natur, der Biologie und der Psychologie, als auch um Identität, soziale und politische Fragen.
Als ich am 28. Februar 2020 den Flug von Oslo nach Berlin antrat, konnte ich nicht ahnen, welche Art von Ausnahmezustand und welche Konsequenzen die aufkommende Covid-19-Pandemie mit sich bringen würde: einen totalen Shutdown der Gesellschaft. Nur eine Woche nachdem ich in Berlin ankam, hatte sich das Virus bereits in Norwegen, Deutschland und anderen europäischen Ländern verbreitet und es herrschte eine panische Stimmung in der Bevölkerung. Grenzen wurden geschlossen, die Menschen hatten Angst, ich hatte Angst. Auf meinem norwegischen Handy, welches eine deutsche Netzverbindung hatte, änderte sich deren Name plötzlich zu “BleibZuhause” und “Bleibgesund”.
Der erste Monat war für mich persönlich eine sehr grosse Herausforderung. Unter anderem wurden mehrere meiner Ausstellungen auf unbestimmte Zeit verschoben. Aufgrund der neu eingeführten Abstands -und Kontaktbeschränkungen war es mir zudem unmöglich, meine ursprünglich in Berlin geplanten Foto- und Videoaufnahmen durchzuführen. Ich wollte verzweifelt arbeiten, aber ich saß in einer gefühlt hoffnungslosen Lage fest. Ich wollte meinen deutschen Freund in dieser lebensbedrohlichen Phase nicht alleine lassen und musste demzufolge eine schwierige Wahl treffen. Ich blieb bei ihm in Berlin, weshalb es höchst ungewiss war, wann ich meine eigene Familie und Freunde in Norwegen wiedersehen würde.
Nach einer Art unfreiwilligem Winterschlaf entschied ich mich, meine Denkweise zu ändern. Ich entschied mich, andere nicht geplante und für mich als Künstler neuartige Projekte zu starten. Ich entwickelte die Idee, ein Foto- und Videoprojekt über die Situation obdachloser Menschen während der Covid-19-Pandemie zu realisieren.
Daraufhin suchte ich eines Abends die Hilfsorganisation Berliner Tiertafel e.V. am Bahnhof Zoo auf. Die Berliner Tiertafel e.V. verteilt Essen, Tierfutter und Kleidung, insbesondere an Obdachlose Tierhalter. Dort habe ich Manuell kennengelernt. Er wohnt seit ungefähr drei Jahren auf der Straße und hat bereits in verschiedenen deutschen Städten gelebt, bis er vor etwa einem Jahr beschloss, zu Fuß von Hamburg nach Berlin zu wandern. Seitdem lebt Manuell in Berlin Wannsee. Wir verstanden uns sofort sehr gut und ich habe ihm über mein geplantes Projekt über die Situation der Obdachlosen erzählt. Darauf fragte ich ihn, ob er erwägen würde, mein Projektassistent zu werden, und er nahm das Angebot gerne an.
Ohne Manuell und sein unermüdliches Bemühen, obdachlose Interviewpartner zu finden, die am Projekt teilnehmen möchten, hätte ich das Projekt mein Heim nicht verwirklichen können. Manuell war mein Türöffner in eine Welt, die mir völlig neu und unbekannt war. Zudem hat Manuell mir geholfen, die Fragen für die Interviews zu formulieren.
Bitte besuchen Sie die Webseite www.perchristianbrown.com, um Näheres zu meinen Projekten und meiner künstlerischen Praxis zu erfahren.
Per Christian Brown, Berlin, 12. Juli 2020
Per Christian Brown, Tiergarten 2020